In Huanchaco habe ich es doch tatsächlich fertig gebracht, schon wieder eine Lesebrille zu verlieren. Die sechste auf dieser Reise! Da wir zwei Tage beim sympathischen Belgier Gabriel im Hotel Internacional geblieben sind, habe ich die Gelegenheit genutzt in die nahe Stadt Trujillo zu fahren um mir eine neue zu besorgen. Gabriel hat mich ausdrücklich davor gewarnt, selber in die Stadt zu fahren. Das sei viel zu gefährlich und ausserdem hätte es keine Parkplätze. Letzteres hat mir eingeleuchtet. Aber wenn ich es fertig gebracht habe durch die Millionenstadt La Paz zu fahren, dann hätte ich sicher auch den Weg durch Trujillo mit seinen 760‘000 Einwohnern gefunden. Ich war trotzdem froh auf seinen Rat gehört zu haben, denn so konnte ich noch ein wenig in der Stadt herum spazieren ohne mich zu Sorgen, das Auto nicht mehr zu finden. Ein Spaziergang, der sich gelohnt hat, denn Trujillo, die „Charmante aus dem Norden“, wie die Stadt genannt wird, hat ein hübsches und sehr gepflegtes Zentrum.
Kurz nach der Abfahrt aus Huanchaco hat uns wieder einmal die Polizei angehalten. Barsch und böse dreinblickend verlangte der eine von ihnen die Bewilligung für die abgedunkelten, hinteren Scheiben. Wir haben uns dumm gestellt, gesagt wir wüssten nicht was das sei und niemand hätte uns bei der Einreise nach Peru darauf aufmerksam gemacht, dass wir so eine Bewilligung brauchen. Was auch stimmte. Zum ersten Mal hatte ich in Cusco davon gehört, wo sich der Polizist darauf einliess, dass wir uns diese Bewilligung rasch möglichst besorgen würden. Aber dann sind wir weiter gefahren und haben es irgendwie vergessen. Bis zur nächsten Kontrolle, wo wir einfach darauf gehofft haben, dass der Polizist die Scheiben nicht bemerke. Wir sind sehr oft angehalten worden, an einem Tag gar dreimal, doch wollten die meisten einfach die Autopapiere und vor allem die Versicherungspapiere sehen. Im Gegensatz zu Ecuador, wo uns die Polizisten immer ein Lächeln geschenkt und ein bisschen mit uns geplaudert haben, sind wir in Peru in der Regel an grimmig dreinblickende Kerle geraten. Diesmal hat uns aber ein ganz strenger, böse blickender Polizist angehalten. Obwohl wir ihm erklärt haben, dass wir auf dem Weg nach Chile seien und das Land in ein paar Tagen verlassen würden, wollte er unbedingt, dass wir uns die Bewilligung für die abgedunkelten Scheiben auf der Stelle besorgen müssten. Gabi hat ihn schliesslich gefragt: „Kann man da nicht irgend etwas machen?“ Worauf er geantwortet hat: „Was denn zum Beispiel?“ Da tauchte bei uns der Verdacht auf, dass er es auf eine „Bonuszahlung“ abgesehen hatte. Pech für ihn, dass in diesem Moment sein Vorgesetzter zu uns stiess und uns fahren liess.
Nur ein paar Stunden später haben wir die ersten freundlichen Polizisten des Landes kennen gelernt. Es war an einer Mauntstelle, wo wir beide die Toilette benutzen mussten. Auf dem Parkplatz waren zwei Polizeiautos und wir hatten ein bisschen Angst, dass wir uns jetzt doch noch diese verflixte Bewilligung besorgen müssten. Aber unser Bedürfnis war dringend und da wir durch die Wüste gefahren sind gab es keine andere Alternative als diese Toilette zu benutzen. Unsere Befürchtung war vergebens, denn diese Polizisten wollten einfach nur mit uns flirten und uns fotografieren.
Liebe Christine
Wann kommt ihr wieder nach Hause? Ihr müsst nicht pressieren, wir quälen uns durch den Winter. Obwohl die Katholische und die Zürcher Fasnacht schon vorbei sind – gerade heute morgen war der Morgestraich – lässt der Frühling auf sich warten.
(Hey – sympathischer Polizist auf dem Föteli!)
Die Bretagne-Reisegruppe hat ein gemeinsames Planungsessen in Biberist gehabt. Wir fahren mit dem TGV bis nach Morlaix, dort haben wir ein Büsli über die ganze Zeit gemietet. Die Männer sind gespannt, die haben keine Ahnung, was sie erwartet. Roland fürchtet, dass er Muscheln und Fisch essen muss. Vielleicht lernt er es endlich mal!
Aber wir freuen uns. Im Moment bin ich am Organisieren für einen VIP-Kundenanlass in Ascona am Literaturfestival auf dem Monte Verità. Man könnte auch sagen, dass es ein kulinarisches Wochenende ist… Dauert übrigens von Freitagabend bis Sonntagmittag. Mit zwei Literaturvorträgen (1 x Hans Magnus Enzensberger, am Sonntag Diskussion mit Mario Botta). Hebet euch Sorg! Herzliche Grüsse, Francine
Liebe Francine,
schön von Dir zu hören! Wann fährt Ihr denn in die Bretagne? Wenn ich mich anschaue, dann glaube ich nicht, dass Roland es noch lernen wird Fisch und Muscheln zu essen. Gabi hingegen hat auf dieser Reise gelernt zumindest Fisch zu essen. Im Moment sitzen wir in einem hübschen Restaurant am Meer, geniessen den Sonnenuntergang und warten auf unser Essen. Gabi hat sich Ceviche (roher Fisch) bestellt und gestern Sushi gegessen! So viel zu unserem kulinarischen Wochenende. Dein VIP-Kundenanlass tönt auch spannend. Wünsche Dir eine gute Zeit und freue mich, Dich bald wieder zu sehen. Wann ause sein werde, weiss ich noch nicht; zuerst muss ich das Auto verkaufen können. Liebe Gruess Christine