Einst führte nur die „gefährlichste Strasse der Welt“ nach Coroico, auf der es jede Woche tödliche Unfälle gab. Zum Glück gibt es seit ein paar Jahren eine gut ausgebaute, geteerte Strasse, die auch in dieses tropische Idyll führt. Gleich nach La Paz steigt dieser Weg erstmals auf 4560m, von wo aus man einen fantastischen Ausblick auf die karge Bergwelt haben soll. Bei meiner Ankunft auf diesem Pass herrschte allerdings Schneegestöber, das bald von stockdickem Nebel und zwischendurch Regen abgelöst worden war. Ich sah weder hier noch auf dem 4859m hohen Pass etwas von der grandiosen Landschaft. Ich war froh, war die doppelt ausgezogene Sicherheitslinie gut sichtbar, so dass ich mich der entlang schleichen konnte. Der Weg nach Coroico ist immer noch gefährlich. Nicht wegen der Strasse, sondern wegen der Fahrweise der bolivianischen Bevölkerung. Kaum ein Auto fuhr bei diesem Wetter mit eingeschaltetem Licht und überholt wird trotzdem, auch unmittelbar vor Kurven. Drei Tage vor meiner Fahrt ist ein Car mit 40 Menschen in den Tod gestürzt.
Coroico empfing uns dann allerdings mit Wärme und Sonnenschein, die Leute badeten überall in Swimmingpools. In dem auf 1750 m Höhe liegenden Dörfchen gedeiht eine üppige Pflanzenwelt und wir haben unzählige Vogelarten gesehen und gehört. Auch fast handgrosse Schmetterlinge konnten wir auf uns unseren Spaziergängen beobachten.
Die Rückfahrt nach LaPaz verlief problemlos bis wenige Kilometer vor der Stadt. Dort war dann das Ende der sorglosen Fahrerei. Eine Blockade verhinderte die Ein- und Ausfahrt in die City. Mineure waren am Streiken, sie wollten eine Verstaatlichung ihrer Firma erreichen, einer Schweizer Firma mit Sitz in Zug. Wenn Arbeiter sich bessere Bedingungen durch eine Verstaatlichung erhoffen, kann man sich ja vorstellen, wie mies die zur Zeit sein müssen. Ich schämte mich Schweizerin zu sein und war froh, mit chilenischen Nummern am Auto unterwegs zu sein.
Ein hilfreicher Polizist hat mir aufgezeichnet, wie ich trotzdem zurück nach La Paz gelangen konnte. Das war allerdings nur ein Feldweg mit tiefen Furchen, über den nun die gesamten Lastwagen, Busse und Autos fuhren. Da Kreuzen ein Problem darstellte, musste ich dreimal rückwärtsfahren. Das habe ich zitternd bewältigt, doch zweimal habe ich gestreikt, mich einfach geweigert rückwärts um eine Kurve zu fahren, denn auf der Seite ging es, natürlich ohne Leitplanke, tief hinunter. Ein Bolivianer hat Erbarmen mit mir gehabt und mein Auto zurück gefahren. Zwei Lastwagen haben das Kreuzen nicht geschafft, einer kippte um. Zum Glück derjenige auf der Bergseite. Auch hier zeigte sich wieder die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung: gemeinsam gelang es den Männern die beiden Fahrzeuge wieder flott zu machen. Nach sieben Stunden habe ich die 125 Kilometer lange Fahrt von Coroico nach La Paz geschafft.