Wer so eine Frage stellt, ist nie von seinem Hund nach kurzer Abwesenheit begrüsst worden, hat nie bei Krankheit oder seelischem Tief den tröstenden Motor einer Katze gehabt, hat nie die Bilder trauernder Delphinmütter gesehen, die mit ihrem toten Kind auf dem Rücken schwimmen oder hat den Film „People of the Forest: The Chimps of Gombe“ nicht gesehen, der das Leben einer Schimpansenfamilie in Tansania über 20 Jahre wiedergibt. Dieser gezeigte Film war Ausgangslage für ein anschliessendes Podiumsgespräch mit dem Titel „Gefühle der Tiere: Verspüren Tiere Freude und Trauer?“
Wenn im Film Flint, der kleine Bruder der Protagonistin Fiffi frustriert ist, weil ihn seine Mutter nicht mehr stillen will, zeigt er seine Gefühle sehr eindrücklich indem er wie ein trotzendes Kind reagiert, die Mutter schlägt und Äste abbricht. Als noch ein Nachzügler geboren wird, ist er eifersüchtig und als dieser stirbt, zeigt er seine Freude darüber mit ausgelassenen Sprüngen. Kurze Zeit darauf stirbt auch die Mutter und jetzt ist der Kleine so traurig, dass er sich in einen Baum zurückzieht und dort bleibt, bis er ihr aus Kummer in den Tod folgt.
Eindrücklicher könnte die Frage, ob Tiere Gefühle haben, nicht beantwortet werden. Und trotzdem war vom Podium zu hören, die Filmmusik habe viel zur Dramatik beigetragen und UNSERE Gefühle geweckt. Oder: „Drückt ein Hund wirklich eigene Gefühle aus, oder reflektiert er nur meine?“ Dies trug ebenso wenig zur Beantwortung der Frage bei, wie die Feststellung, dass der Mensch empathisch sei und über Spiegelneurone verfüge. Es ging doch an diesem Abend nicht um den Mensch! Einen guten Fürsprecher hatten die Tiere in Andreas Moser, Redaktionsleiter der Schweizer Sendung NETZ Natur, der das Verhalten der Menschen als diktatorische Hierarchie bezeichnete. Ich gebe ihm Recht, warum soll ausgerechnet unser Können so viel mehr Wert sein als dasjenige der Tiere? Wir können uns ja nicht einmal vorstellen, wozu eine Hundenase fähig ist, oder was Bienen an Farbe sehen. „Und wir sind nicht einmal sicher, ob andere Menschen dasselbe fühlen wie wir,“ so Moser. „Gestehen wir deshalb den Tieren ihre Emotionen zu. Als Carte blanche. Und behandeln sie mit Respekt.“
Tatezi war, während ich zum ersten Mal seit sie bei mir ist im Kino war, bei meiner Tochter Gabi. War das eine freudige Begrüssung am nächsten Morgen! Sie hat mir ihre Gefühle in einer überschwänglichen Hunde-Umarmung gezeigt.